Rede zum Haushalt 2023

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Runge,

werte  Kolleginnen und Kollegen,

liebe Bürgerinnen und Bürger hier im Saal und draußen im Stream!

Alle Jahre wieder beraten wir den Haushalt des kommenden Jahres. Alle Jahre wieder stehen wir vor eigentlich dramatischen Entwicklungen. 

Alle Jahre wieder werden Anträge der Opposition zur Haushaltskonsolidierung abgelehnt.

Und … Alle Jahre wieder steht eine Erhöhung der Grundsteuer B im Raum.

Umgesetzt wurde eine solche Steuererhöhung zwar nicht immer, aber immer öfter.

2011 standen wir noch bei 250 % und nur 12 Jahre später werden wir schon beim fast Vierfachen angekommen sein. Alle drei Jahre eine Anpassung um rund 250 Punkte.

Denn jetzt planen CDU und Grüne – mit den Stimmen der neuen ULOs – die Grundsteuern erneut zu erhöhen. 

Sich zu freuen, dass eine Erhöhung nicht so massiv ausfällt wie ursprünglich notwendig wäre, um all die angemeldeten Ausgabewünsche zu erfüllen, greift zu kurz und ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Bürgers, der schon heute massive Belastungen zu schultern hat. 

Die Erhöhung auf „nur“ noch 947 % bedeutet durchschnittlich etwa 90 Euro pro Kopf. 

Das ist sozial unausgewogen, haushälterisch unambitioniert und kommt für die Bürger zur Unzeit. 

Wirklich herzlichen Glückwunsch zu diesem angeblichen Verhandlungserfolg an CDU, Grüne und an die Herren der neuen ULO.

Übrigens, lieber Thomas Fiehler: Sozial-liberal wäre es, eine solche unsoziale Steuererhöhung, gerade in der aktuell für viele Familien sehr schwierigen Situation, abzulehnen! 

Die Bundesregierung unternimmt zurzeit zahlreiche Anstrengungen, um die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger aus steigenden Lebensmittelpreisen, Strom- und Gaskosten so gut es geht abzufedern –  „Doppelwumms“ mit Strom- und Gaspreisbremse – heute im Bundestag beschlossen –  als Stichwort.

Auch die Landesregierung sieht Handlungsbedarf mit dem Programm „Hessen steht zusammen“.

Oberursel?  Geht den umgekehrten Weg. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist unbestritten, dass Handlungsbedarf besteht – das ist seit Jahren bekannt und hätte  als dringlichste Maßnahme des Bündnisses aus CDU und Grünen schon lange angegangen werden müssen. Die Analyse von Jens Uhlig, dass wir ein strukturelles Defizit haben und damit einen massiven Substanzverzehr, ist ja richtig – aber eben auch seit Jahren bekannt. 

Maßnahmen dagegen sind allerdings Fehlanzeige! 

Die FDP hat in den letzten Jahren viele Vorschläge dazu gemacht! Jens Uhlig ist zugegeben neu in diesem Amt – aber seine Aufgabe wäre es gewesen,  als starker Kämmerer mit Amtsantritt die Haushaltssanierung anzugehen und nicht das desaströse Erbe einfach fortzuführen und schlicht zu verwalten.

Jetzt bei der Aufstellung des Haushaltes aufzuwachen, eine heftige Steuererhöhung und schnell gestrickte wenige Einsparungen vorzuschlagen, zeigt die Konzeptionslosigkeit dieses Zweier – oder seit letzter Woche ja nun offiziellen Dreierbündnisses. 

Dieser Haushalt 2023 enthält aber noch mehr Sprengstoff. 

Der Haushalt baut auf der aktuellen Steuerschätzung auf. 

Das ist erst einmal ein ganz gewöhnlicher Vorgang, aber selbst die kommunalen Spitzenverbände warnen dieses Jahr, dass die Steuerschätzung wenig belastbar ist. 

Dieser Haushalt verpflichtet uns langfristig auf der Ausgabenseite durch die Großinvestitionen.

Die Einnahmeseite jedoch – steht auf tönernen Füßen. 

Was passiert, wenn wir in eine ernsthafte Rezession gehen? 

Wenn z.B. die massive eingeplante Erhöhung der Einkommenssteuer in den nächsten Jahren von rund 8 Mio. EUR nicht oder nur zum Teil eintritt? 

Was passiert, wenn die Ausgabeseite uns durch die weiterhin grassierende Inflation massiv zusätzlich belastet? 

Die Karte der Grundsteuer haben Sie dann ja schon ausgespielt. Oder soll die Grundsteuer B dann doch auf weit über 1000 Punkte steigen, wie schon heute im Raum stand? 

 Wir müssen dringend das Defizit in den nächsten Jahren auf Null bringen, um nachhaltige Politik auch für künftige Generationen zu machen! 

Nach den Plänen der Regierungsparteien und ihres neuen Anhangs werden wir aber auch 2026 noch ein sattes Minus haben – das ist keine nachhaltige und generationengerechte Politik. 

Der FDP wurde aus den eigenen ehemaligen Reihen Populismus und Unvermögen bei der Ablehnung der Grundsteuer B Erhöhung vorgeworfen. 

Ich kann ihnen versichern, dass wir über möglicherweise mehr Know How in der Kommunalfinanzierung verfügen, als so manch frisch gebackener ULO zugeben möchte.   

Zurück zur Reduzierung des Defizits. Wie will man das tun? Wo setzt man an?

Vorgehaltene Leistungen und Standards kritisch zu überprüfen oder Haushalts- und Stellenwiederbesetzungssperren auch tatsächlich umzusetzen, hätte uns in den vergangenen Jahren schon einiges an Luft gebracht, die uns heute zum Atmen fehlt. 

Eine Grundsteuer B Erhöhung anzuführen, um den Haushalt in dieser Situation überhaupt in die Nähe der Genehmigungsfähigkeit zu bringen, ist heiße Luft und Ablenken vom eigentlichen Problem. 

Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung in die Wege zu leiten, die den Substanzverzehr stoppen, ist natürlich der unbequemere Weg. 

Denn dafür muss man an die Ausgaben systematisch ran gehen. Die jetzt vorgeschlagenen Einsparungen sind bei unserem Defizit ein Tropfen auf den heißen Stein. 

Statt diese zwingenden Einsparmaßnahmen jetzt endlich in die Wege zu leiten, sollen nun noch einmal 200.000 Euro ausgegeben werden für einen externen Berater, der uns sagen soll, was wir wo einsparen können, sollen und müssen.

Wer einen solchen externen Berater braucht, hat entweder eine unangenehme Botschaft zu verkünden und möchte das nicht selbst machen oder  – er hat einfach keinen eigenen Plan! 

Vor gut 10 Jahren lag die Grundsteuer noch bei 250 %. 2016 schon bei 450 %. 2017 bei 595 %. Seit 2020 zahlen die Bürgerrinnen und Bürger 750 %. Damals standen zuerst übrigens 880 % im Raum. 

Schon damals hat man hier und da etwas Kosmetik angewendet und konnte dann bei 750 % landen.

Vorübergehend, wie wir heute sehen. 

Denn heute, nur zwei Jahre später wird wieder der altbewährte Kosmetikkoffer hervorgeholt. 

Standen aktuell erst 980 % auf dem Papier, hat man wieder hart verhandelt, um dann stolz zu verkünden, dass die Bürger ja gar nicht so viel mehr belastet werden, als ursprünglich gedacht. 

Heute werden schon weniger starke neue Belastungen tatsächlich als Verhandlungserfolg verkauft. Herzlichen Glückwunsch an den Verhandlungsführer!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU, Grüne und ULO. 

Wirkliche Entlastung geht anders. Wirkliche Entlastung bedeutet eben nicht weniger Belastung. Wirkliche Entlastung bedeutet, jede Ausgabeposition zu hinterfragen und einzusparen. 

Denn wir haben ganz klar und zu allererst ein Ausgabeproblem.

Auch dank dieser immer wiederkehrenden Gutachterkosten oder fröhlichen Planungskosten. Oder eben Dank der Kosten externer Berater.

Sparen tut weh und verzichten heißt, zu erkennen, dass man sich eben nicht alles leisten kann. Wer kennt das nicht aus persönlichen Erfahrungen und seinem privatem Umfeld.

Verzicht in Oberursel? Fehlanzeige. 

Vielmehr werden nochmal einige Stellen im Stellenplan draufgelegt, am liebsten in der allgemeinen Verwaltung. Nicht jedoch im Sozial- und Erziehungsbereich. 

Sparen in Oberursel? Inventionen sind wichtig, ja unabdingbar, müssen aber bezahlbar sein. 

Man kann sich nur das leisten, was man sich leisten kann, und nicht das, was man sich wünscht, sich leisten zu können. 

Das wird hier aber ausgeblendet, auf Kosten aller Bürgerinnen und Bürger in Oberursel.

Am Rathaus doktern wir nun schon seit Jahren, ja fast Jahrzehnten rum.

Auch so ein Beispiel von Wunschdenken. Ich zitiere gerne noch mal unseren grünen Kollegen Herrn Schmitt, der schon 2015 gesagt hat „Die Kathedralen der Stadt“ gehören auch ins Zentrum einer Stadt.

Großartig. Schon damals waren die angedachten 15 Millionen Sanierungskosten schön gerechnet. Weder Schadstoffbelastungen noch Interimslösungen wurden eingepreist. Fahrlässig. Und noch heute sind wir hier keinen Schritt weiter. Im Gegenteil. Wir sind wieder ganz am Anfang in den Überlegungen, ob und wo ein Neubau evtl. doch sinnvoller wäre. Übrigens schon damals eine Forderung der FDP.

Wenn man an der Einnahmeschraube drehen will, dann muss man sich dringend die Vergabe von Gewerbegrundstücken anschauen. 

Und die Höhe der Gewerbesteuer. Mit der Erhöhung in 2019 liegt Oberursel auch bei der Gewerbesteuer deutlich über dem Durchschnitt in Hessen und noch wichtiger, auch im Vergleich des Hochtaunuskreises – also unserer direkten Nachbarn.

Das belastet die Unternehmen. 

Und das in dieser Zeit, in der die Auswirkungen durch Corona noch nicht ganz verdaut sind und die Inflation zuschlägt, Preise überall steigen, Lieferengpässe bestehen, kann man daran ablesen, dass die Erträge aus Gewerbesteuer zwar steigen, aber immer noch nicht auf Vor-Corona-Niveau liegen. 

Gerade jetzt ist es also wichtig, unsere Gewerbetreibenden zu unterstützen.

Gerade jetzt ist es wichtig, sie in Oberursel zu halten, Arbeitsplätze in Oberursel zu sichern und auch neue Betriebe – vor allem gewerbesteuerstarke Unternehmen in Oberursel anzusiedeln. 

Der im Vergleich zu anderen Kommunen zu hohe Steuersatz lockt gerade in den heutigen schwierigen krisenbelasteten Zeiten kaum ein Unternehmen leichtfüßig nach Oberursel. 

Hochwertige Gewerbegrundstücke dann auch noch an schwache Gewerbesteuerzahler zu vergeben, wie in der Vergangenheit geschehen, ist nachlässig und fatal – zudem unsozial, wenn man stattdessen dann die Steuern für die Bürgerinnen und Bürger heraufsetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Als FDP haben wir immer wieder auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Ausgabenseite anzugehen.

Als FDP haben wir immer wieder darauf hingewiesen und gefordert, steuerstarke Gewerbe anzusiedeln. Es geschieht Jahr für Jahr jedoch lediglich nur die gleiche oberflächliche Kosmetik.

Im Namen der Freien Demokraten in Oberursel und des gesamten Vorstandes  — der sich  – lieber Florian Schauer — ganz sicher nicht schnappen lässt, jedoch wirkliche liberale Politik von seiner Fraktion erwartet – schließlich haben wir das den Wählerinnen und Wählern auch versprochen —  lehne ich den Haushalt 2023 und die vorgeschlagene massive Grundsteuer B Erhöhung ab. 

Liebe Kooperation aus CDU / Grüne und ULOs,

Entscheidungen zu treffen, auch und insbesondere in der Politik, das heißt Abwägung unterschiedlicher Ziele, Vor- und Nachteile und Risiken!

Natürlich ist es legitim, wenn Sie sich mehrheitlich nach Abschluss dieser Abwägung dazu entscheiden, diesen Haushalt mit der für die Bürgerinnen und Bürger empfindlichen Steuererhöhung zu beschließen. 

Es ist auch legitim, wenn Sie mehrheitlich zu dem Schluss kommen, dass die vorgesehenen Ausgaben in der Priorisierung diese empfindlichen Steuererhöhungen rechtfertigen.

Es ist ebenfalls legitim, dass sie große fiskalische Risiken eingehen wollen.

Doch den Menschen, die aufgrund der Energiekrise bereits am Limit sind und im Laufe des nächsten Jahres die Abrechnung ihrer Mietnebenkosten bekommen werden und dafür zusätzlich Geld in die Hand nehmen müssen, heute erklären zu wollen, dass diese Erhöhung sein musste, dass an dieser Erhöhung kein Weg vorbeigeführt hat, dass diese Erhöhung alternativlos sei, ist schlichtweg falsch.

Seien Sie den Menschen in Oberursel gegenüber so ehrlich und sagen ihnen, dass Sie das Problem des strukturell defizitären Haushaltes in Oberursel auch nach der letzten Kommunalwahl wieder nicht angegangen sind.

Sagen sie den Menschen in Oberursel, dass Sie es für richtig halten, Großinvestitionen auf den Weg zu bringen, ohne die Finanzierung wirklich geklärt zu haben.

Sagen Sie den Menschen in Oberursel, dass sie alle nur hoffen können, dass die optimistische Annahme der stark steigenden Einkommenssteuereinnahmen auch wirklich eintritt. 

Und seien sie dann bitte auch so ehrlich und sagen offen, dass wir im anderen Falle bald handlungsunfähig sind. 

Bevor ich nun zum Schluss komme, möchte ich zunächst noch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung danken, die sich nun seit fast drei Jahren dauerhaft im Krisenmodus befinden und mit ihrer Arbeit, ihrem Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger den Laden am Laufen halten.

Und … gestatten Sie mir noch ein offenes Wort zur aktuellen Situation und insbesondere zur neuen Konstellation in Oberursel.

CDU und Grüne haben nun ihre knappe Mehrheit komfortabel mit Mandaten abgesichert, die eigentlich zur FDP gehören. 

Jedem Wähler und jeder Wählerin der FDP sei gesagt, dass dies nicht in unserem Sinne ist, wir aber akzeptieren müssen, wenn sich Menschen zwar von der liberalen Idee entfernen, dies auch erkennen, die Konsequenzen dann aber nur halbherzig ziehen.

Wir Freien Demokraten standen und stehen für eine Politik, die rechnen kann. Das ist unser Versprechen an unsere Wähler. Dabei bleiben wir, dafür treten wir ein, wenn nicht als Mandatsträger, dann eben als Bürgerinnen und Bürger dieser wunderbaren Stadt.

Vielen Dank.